Schwunggewicht – eine Eigenschaft, die für die Auswahl des richtigen Tennisschlägers wichtig ist


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Das Schwunggewicht (Englisch: swingweight) gibt stark vereinfacht an, wie einfach bzw. schwer sich ein Tennisschläger kontrollieren lässt. Diese Eigenschaft ist wichtig um einschätzen zu können, wie anspruchsvoll das Spiel mit einem Tennisschläger ist. Wenn man das richtige Schwunggewicht eines Schlägers für sich kennt, kann man sich anhand dieser Eigenschaft besser in der Fülle der heute auf dem Schlägermarkt erhältlichen Rahmen zurechtfinden.

Zahlreiche Grundeigenschaften, die für Tennisschläger angegeben werden, wie zum Beispiel das Schlägergewicht ohne Besaitung oder der Balancepunkt eines Schlägers ohne Besaitung, können irreführend sein. Jeder Tennisschläger verhält sich nämlich beim Spielen anders und vor allem das Schwunggewicht bestimmt, wie leicht oder schwer man mit einem Schläger spielen kann.

Detailansicht des Displays einer Maschine zum Messen des Schwunggewichts.

Das Schwunggewicht geben wir ab sofort bei allen Tennisschlägern für Fortgeschrittene und Profispieler an, bei denen diese Angabe verfügbar ist. In Tschechien war die Angabe dieser Eigenschaft bisher nicht üblich, im Ausland ist sie aber bereits völlig normal.

Es kommt nämlich nicht selten vor, dass sich zwei Schläger mit identischem Gewicht, gleichem Balancepunkt und gleicher Länge, gleicher Größe des Schlägerkopfes und identischen verwendeten Materialien beim Spiel bemerkenswert unterschiedlich verhalten.

Das liegt an mehreren Faktoren, die sich nicht einfach nur anhand der Grundeigenschaften eines Rahmens feststellen lassen. Das Schwunggewicht muss mit einem präzisen Messgerät ermittelt werden, das sehr teuer ist und mehr als eintausend Euro kostet.

Schwunggewicht und Handling

Das Schwunggewicht wird in kg/cm2 angegeben und liegt bei aktuellen Tennisschlägern zwischen 240–360. Es wird ausschließlich mit Besaitung gemessen, damit es praxisnah ist. Auch Vibrastop hat Einfluss auf das Schwunggewicht, weil es 2–4 Schwungpunkte hinzufügt, wird jedoch beim Messen nicht berücksichtigt.

Es gilt eine einfache Regel – je höher das Schwunggewicht eines Tennisschlägers ist, desto anspruchsvoller ist er in Bezug auf eingesetzte Kraft, Technik und das gesamte Spielvermögen eines Spielers. Gleichzeitig gilt aber auch, dass Tennisschläger mit höherem Schwunggewicht bei gleicher Schwungstärke mehr Energie und größere Stabilität in den Schlag bringen.

Tennisschläger mit geringerem Schwunggewicht wiederum lassen sich leichter handhaben, der Spieler muss sich weniger anstrengen und benötigt auch keine so gute Technik, um den Schläger zu kontrollieren. Der Nachteil eines geringeren Schwunggewichts ist eine geringere Schlagkraft bei gleicher Schwunggeschwindigkeit und eine geringere Stabilität des Rahmens.

Der Wilson Pro Staff RF97 v13 ist ein Tennisschläger für sehr erfahrene Spieler und Wettkampfspieler mit hohem Schwunggewicht, der eine perfekte Schlagtechnik vor dem Körper erfordert.

Wenn wir von der Stabilität des Rahmens sprechen, meinen wir die Präzision eines Tennisschlägers. Je schwerer ein Tennisschläger ist, desto präziser sind die Schläge, da sich der Schlägerkopf während des Schlags nicht so verformt, dass es sich negativ auf die Flugkurve des Balls auswirken würde. Um ein Beispiel dafür zu finden, muss man nicht lange suchen.

Der Schläger von Roger Federer Wilson Pro Staff RF 97 v13 gilt als einer der genauesten Schläger. Dieser Schläger wiegt ohne Besaitung stolze 340 g und sein Schwunggewicht wurde auf 333 berechnet. Das Schwunggewicht dieses Tennisschlägers wäre noch deutlich größer, wäre er nicht extrem handlastig auf 305 mm ausbalanciert.

Dieser Rahmen des Schweizer Weltklassespielers ist wahrscheinlich der schwerste kommerziell verfügbare Tennisschläger auf dem Markt und gleichzeitig auch einer der herausragendsten, wovon ich mich selbst in meiner Rezension überzeugen konnte.

Das Schwunggewicht des Griffes eines Tennisschlägers ohne Hals und Kopf ist sehr niedrig.

Gewicht vs. Schwunggewicht

Das Schwunggewicht ist dann eine unverzichtbare Orientierungshilfe, wenn das Gesamtgewicht des Schlägers „irreführend“ ist und nicht die tatsächliche Schwierigkeit widerspiegelt, mit der ein Schläger gespielt wird.

Manchmal kommt es sogar zu solch paradoxen Situationen, dass ein deutlich schwererer Tennisschläger besser kontrollierbar und weniger „kraftvoll“ ist als ein leichterer Rahmen. Es kommt nämlich vor allem auf die Ausbalancierung des Schlägers und die allgemeine Gewichtsverteilung des verwendeten Materials und dessen Steifigkeit an. Als leuchtendes Beispiel für dieses Paradox möchte ich Tecnifibre erwähnen.

Der überarbeitete und neu ausbalancierte Tennisschläger Tecnifibre T-Fight RS 305 ist der anspruchsvollste 305 g schwere Schläger auf dem Markt und kann sich durchaus mit professionellen Schlägern messen.

Tecnifibre hat dieses Jahr die neuen Rahmen des Typs T-Fight RS auf den Markt gebracht, die für fortgeschrittene und leistungsorientierte Spieler gemacht sind. Diese neuen Rahmen gibt es in drei Gewichtsstufen, von denen die Modelle mit 305 g und 315 g am interessantesten sind. Auf den ersten Blick scheint es keinen Zweifel daran zu geben, welcher der Tennisschläger gefühlt schwerer und gleichzeitig kraftvoller bei identisch ausgeführten Schlägen sein wird.

Wer alles auf das 315 Gramm schwere Modell setzen würde, würde eine nicht unerhebliche Summe verlieren. Das Schwunggewicht des 315-Gramm-Modells beträgt „nur“ 321, während das leichtere Modell einen Wert von 333 erreicht. Ich persönlich habe bei meiner Version des Schlägers bis zu 340 Punkte gemessen, was ein höherer Wert ist als der bereits erwähnte Wilson von Federer. Unglaublich!

Um das in den richtigen Kontext zu setzen ist anzumerken, dass der 305-g-Schläger mit 325 mm eher kopflastig ausbalanciert ist, während der 315-g-Rahmen mit 310 mm deutlich handlastiger ausbalanciert ist. Im Allgemeinen sind 305 g schwere Rahmen anderer Marken irgendwo bei 315–320 mm ausbalanciert und erreichen keine derartige Kraft, Stabilität und Dynamik.

Leichter Rahmen für mehr einfache Leistung

Damit das Thema Schwunggewicht noch komplizierter, aber auch besser verständlich wird, muss ich eine Frage beantworten, die sich sicher viele stellen. Warum werden leichtere Schläger oft als „Power-Frame“ bezeichnet und erzeugen von sich aus mehr einfache Leistung?

Das niedrigere Schwunggewicht der Tecnifibre T-Fight XTC 295 Schläger garantiert ausgezeichnetes Handling.

Das liegt daran, dass leichtere Rahmen weniger erfahrenen Spielern eine bessere Kontrolle über den Schlag, eine einfachere Ausführung der erlernten Technik und gleichzeitig eine höhere Schlaggeschwindigkeit ohne größeren Kraftaufwand ermöglichen. Ein leichter Rahmen funktioniert dabei im Prinzip wie ein Trampolin, wobei für diesen Effekt vor allem ein breiter Rahmen, wie man sie oft bei Freizeitschlägern findet, sowie eine weniger dichte Materialbeschaffenheit verantwortlich sind.

Das Prinzip liegt also auf der Hand: Was weicher und leichter ist, ist flexibler und erzeugt somit von ganz allein leichter Energie. Solche Tennisschläger haben jedoch weniger Stabilität = Präzision. Im Gegensatz dazu müssen die schweren und dünneren Rahmen der Tennisschläger von Wettkampfspielern die in den Schlag gelegte Energie in Präzision und Kontrolle transformieren.

Ein erfahrener Spieler oder Profi führt einen Schlag viel effektiver aus als ein Amateur. Ein Profi mit einem Hobbyschläger würde die Kontrolle verlieren, ungenau spielen und bei jedem kräftigeren Schlag über das Spielfeld hinaus schlagen. Er muss ganz im Gegenteil die eingesetzte Energie beherrschen. Dies kann nur durch die höhere Materialdichte eines dünneren Rahmens und damit das größere Gewicht des Schlägers gewährleistet werden.

Wesentlichen Einfluss auf die Energieerzeugung eines Schlägers hat auch seine Besaitung, seine Materialzusammensetzung, Struktur und Spannung. Dazu ist aber nicht viel hinzuzufügen, denn im Artikel zur Besaitung wurde bereits alles dazu gesagt.

Der Head Graphene 360+ Extreme MP ist ein auf Spin ausgelegter Tennisschläger mit überraschend hohem Schwunggewicht für anspruchsvolle Spieler mit aggressivem Spielstil.

Um es ganz einfach zu sagen: Mit einem leichteren Tennisschläger muss man nicht alles richtig machen und auch nicht so effektiv sein, und trotzdem fliegt der Ball weit. Im Gegenteil dazu muss man bei einem schwereren Tennisschläger mehr Dinge richtig und effektiv machen, damit der Ball dahin fliegt, wohin man ihn haben möchte.

Es kommt vor, dass sich ein Amateur einen zu schweren Schläger kauft und plötzlich das Gefühl hat, einen stärkeren Schlag zu haben. Das Gefühl ist zwar richtig, aber er kann diesen Schlag nicht mehr kontrollieren, weil er wegen seiner schlechteren Technik und seiner insgesamt schlechteren Schlagausführung nicht das volle Potenzial des Schlägers kontrollieren kann. Außerdem ermüdet und belastet ein schwerer Schläger den Arm und damit den gesamten Oberkörper deutlich schneller.

Wenn man sich das Spielen mit einem 320g-Rahmen zutraut, dann sollte man erst einmal testen, ob man damit 2 Stunden lang bei voller Intensität spielen kann. Die Begeisterung von Hobbyspielern für sehr schwere Rahmen kann sich nach den fantastischen ersten 20 Minuten plötzlich zu einer gesundheitsgefährdenden Tortur wandeln. Die Kraft lässt nach und schlechte Schlagtechnik kann zu Verletzungen und einem Tennisarm führen.

Einfluss des Schwunggewichts auf die Schlagtechnik

Das Schwunggewicht wirkt sich direkt auf die verwendete Schlagtechnik aus. Spieler, die länger ausholen und eine längere Schlagbewegung haben, sie wie beispielsweise Rafael Nadal, können mit einem Tennisschläger mit hohem Schwunggewicht leichter umgehen als Spieler, die kürzer ausholen und schnell schlagen, wie zum Beispiel Nick Kyrgios. Einen schweren Tennisschläger kann man mit einer längeren Ausholbewegung und gutem Eindrehen der Schulter viel besser bewegen.

Möchte man hingegen schnelle Schläge aus dem Handgelenk ohne große Vorbereitung spielen, eignen sich Rahmen mit einem geringeren Schwunggewicht und einem generell niedrigeren statischen Gewicht dafür besser. Im Gegenteil, Spieler, die ihre Ausholbewegung sorgfältiger im Voraus planen (mehr Effet) und den Kontakt mit dem Ball so lange wie möglich halten (gezogener Schlag), nutzen einen schwereren Rahmen für ein effizienteres Spiel.

Der Babolat Pure Drive 2021 hat ein ausgewogenes Schwunggewicht für fortgeschrittene Vereinsspieler mit Turnierambitionen.

Ein hohes Schwunggewicht hat nicht unbedingt nur mit Schlagkraft zu tun, sondern auch mit Sicherheit. Hier gilt die Faustregel exzellenter Technik, Vorbereitung, Timings und dem präzisen Kontakt des Schlägers mit dem Ball. Ein Beispiel dafür ist Roger Federer und seine klassische, perfekt getimte Vorhand mit seinem „altmodischen“ angepassten ursprünglichen Griff im Stile von Pete Sampras.

Man könnte sagen, dass Federer mit seiner Vorhand Schläge nur abprallen lässt und die Bewegungsenergie des Balles vom Gegner nutzt. Er setzt deutlich seine Handgelenke ein, aber nur, wenn er den Schläger durch ein kraftvolles Eindrehen der Schulter bewegt. Dies erfordert einen sehr stabilen Schläger mit hohem Schwunggewicht. Im Falle des modifizierten Rahmens von Roger Federer sind dies um die 345 Punkte.

Kategorisierung des Schwunggewichts

Damit man sich bei Tennisschlägern und ihrem Schwunggewicht besser zurechtfindet, teilt man sie in 3 Kategorien ein. Werte von 240–280 sind für Anfänger, anspruchslose Hobbyspieler, Senioren und Kinder geeignet. Werte von 280–320 eignen sich für fortgeschrittene und erfahrene Tennisspieler, die seit vielen Jahren Tennis spielen und über solide Erfahrung verfügen. Werte von 320–360 eignen sich ausschließlich für sehr erfahrene, wettbewerbsorientierte Spieler und Profis.

Grundlegende Kategorisierung des Schwunggewichts:

  • 240–280 Schwunggewichtspunkte, geeignet für Anfänger
  • 280–320 Schwunggewichtspunkte, geeignet für fortgeschrittene Spieler
  • 320–360 Schwunggewichtspunkte, geeignet für sehr erfahrene Spieler

Es ist zu beachten, dass ab 320 Punkten jeder zusätzliche Punkt wirklich einen Unterschied ausmacht. Man kann den Unterschied zwischen einem Schläger mit 320 Punkten und einem mit 330 Punkten schon nach den ersten Schlägen erkennen. Ab 330 Punkten findet man wettbewerbstaugliche Rahmen für erfahrene Turnierspieler.

Der Wilson Blade 100L v7 erfreut fortgeschrittene Vereinsspieler und -spielerinnen durch einfache Übertragung der Spieltechnik.

Bei Tennisschlägern der höchsten Kategorie gilt, dass man einfach in der Lage sein muss, Tennis ohne größere technische Fehler zu spielen. Zu spätes Ausholen, das Schlagen des Balls hinter dem Körper oder schlechtes Bewegen auf dem Platz sollten dann einfach kein Thema mehr sein, sondern die Konzentration auf Taktik und Ballplatzierung. Es gibt nicht viele Schläger mit einem Wert über 330, aber die Profis haben ihre Schläger modifiziert und erreichen noch viel höhere Werte.

Das Schwunggewicht wird jedoch normalerweise nur bei Schlägern für fortgeschrittene Spieler gemessen, wo es normalerweise bei 290–300 Punkten beginnt. Bei den anderen Schlägern niedrigerer Kategorien ist es mehr oder weniger bedeutungslos, da diese Schläger bereits sehr leicht zu kontrollieren sind und ein Anfänger oder Amateurspieler diesen Wert nicht einmal kennen muss.

Tipps für die Auswahl eines Tennisschlägers

Bei Sportega wird nun neben dem Gewicht, dem Balancepunkt und der Rahmenhärte auch das Schwunggewicht angegeben. Diese Werte sind im Abschnitt Schlägereigenschaften zu finden.

Das Schwunggewicht ist bei den Eigenschaften der Tennisschläger zu finden.

Wer mit dem Tennisspielen beginnt und seinen ersten Tennisschläger kauft, sollte sich ausschließlich an der Beschreibung des Schlägers orientieren. Wer auf einem fortgeschrittenen Niveau spielt und einen anderen Schläger für seine Sammlung kaufen oder den Schlägertyp und die Marke wechseln möchte, sollte das Schwunggewicht seines vorherigen Modells herausfinden und sich daran orientieren. Dazu gibt man einfach den Namen des Schlägers und das Wort „Swingweight“ in eine Suchmaschine ein und das mächtige Internet wird dazu schon etwas finden.

Wer einen kraftvolleren und anspruchsvolleren Schläger sucht, sollte sich für ein höheres Schwunggewicht entscheiden. Wer einen Tennisschläger sucht, der Fehler verzeiht und leichter zu handhaben ist, sollte sich für einen Schläger mit geringerem Schwunggewicht entscheiden.

Anstatt sich hektisch nach dem leistungsstärksten Schläger auf dem Markt umzusehen, sollte man sich zuerst vergegenwärtigen, dass einem kein Schläger das Schlagen abnehmen kann. Im Gegenteil, wenn man seine Kraft überschätzt, kann ein Schläger mit einem zu hohen Schwunggewicht alles ruinieren und den Spaß am Tennisspiel verderben. Eine sorgfältige Auswahl mit Bescheidenheit ist also angeraten. Einen leichteren Schläger kann man nämlich jederzeit durch das Hinzufügen von Bleibändern beschweren. Aber das ist ein ganz anderes Thema für später.

Der ältere Tennisschläger Wilson Pro Staff Graphite SL vom Ende der 80er Jahre hat einen ungewöhnlich dicken Rahmen und ein solides Schwunggewicht.

Beispiele für das Schwunggewicht ausgewählter Tennisschläger auf Sportega

Tennisschläger Schwunggewicht
Wilson Pro Staff RF97 v13 333
Tecnifibre T-Fight RS 305 333
Head Graphene 360+ Speed MP 328
Yonex VCORE 98 2021 325
Babolat Pure Aero RAFA 324
Head Gravity MP 2021 322
Wilson Pro Staff 97 v13 321
ProKennex Ki 15 280 321
Babolat Pure Drive 2021 320
Tecnifibre T-Flash 300 CES 320
Wilson Clash 100 v2.0 313
Lacoste L20 304
Lacoste L20L 299

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